Einmalig in Grimma: Weltorchester spielt mit 700 Musikern auf

Am Freitag beginnt Internationales Treffen / Brass Band sagt wegen Unfalltod eines Musikers ab


Grimma. Am Wochenende steht Grimma das nächste Spektakel ins Haus. Beim 9. Internationalen Musikantentreffen ist die Muldestadt Gastgeber für etwa 700 Musiker aus neun Ländern. Seit Montag nimmt auf dem Volkshausplatz das riesige, 80 mal 25 Meter messenden Festzelt Gestalt an, in dem bis zu 1500 Leute Platz finden und einen Ohrwurm nach dem anderen hören werden. Die Parkplätze auf dem Volkshausplatz stehen deshalb nur noch eingeschränkt zur Verfügung und sind von Freitag bis Sonntag vollständig gesperrt.

Aus Sicht des Jugendblasorchesters (JBO) Grimma, das zum neunten Mal Musiker aus der halben Welt empfängt, kann es endlich losgehen. Alle Genehmigungen haben den Stempel, für Unterkunft und Versorgung der Gäste ist gesorgt, die Betreuer der Klangkörper stehen ebenso Gewehr bei Fuß wie die etwa 100 Helfer.

Allerdings erreichte JBO-Chef Reiner Rahmlow Mitte August eine traurige Nachricht. Bei einem tragischen Autounfall kam ein Musiker der Brass Band Sachsen ums Leben, so dass die Formation alle ihre Auftritte absagte und den Weg nach Grimma nicht antreten wird. Lothar Leuthold sei am 10. August völlig überraschend aus dem Leben gerissen worden, trauert die Band auf ihrer Homepage um den Musikerkollegen. Er sei seit 2009 fester Bestandteil des Klangkörpers gewesen. „Ich bedauere das sehr und habe unser Beileid zum Ausdruck gebracht“, so Rahmlow. Er hoffe, dass sich das beliebte Orchester schnell wieder fängt.

Weil sein Dirigent die Reise leider nicht antreten könne, sagte zudem das japanische Orchester Ocean Bright Brass kurzfristig die Teilnahme ab, so dass nun am Wochenende insgesamt 20 Formationen in Grimma lautstark aufspielen werden.

Ein Änderungswunsch kam noch aus dem fernen Brasilien. Neben der Winterschneise Blaskapelle aus Bom Principio steigt die Band Nattiva in den Flieger und springt für Dinamite Joe aus dem südamerikanischen Land in die Bresche.

Das hat Auswirkungen aufs Programm, die im 10 000-fach gedruckten Flyer keinen Niederschlag mehr finden konnten. Beim Platzkonzert am Freitag um 17 Uhr auf dem Marktplatz schlägt jetzt das Schalmeienorchester aus Plauen die richtigen Töne an, und am Eröffnungsabend im Festzelt wird um 21.30 Uhr das Kybartai Small Orchester aus Litauen auf der Bühne Platz nehmen. „Das ist ein Orchester mit gleicher Qualität wie die Brass Band und ein guter Ersatz“, unterstreicht Grimmas Stadtmusikdirektor. Und beim Mittagskonzert am Sonnabend im Festzelt spielt der Musikverein Brandis für die verhinderten Japaner auf.

Mit einem Platzkonzert des ungarischen Jugendblasorchesters Solt – am Freitag um 16 Uhr auf dem Markt – nimmt das 9. Musikantentreffen seinen Lauf. Um 19 Uhr hebt Rahmlow dann im Festzelt den Taktstock zum Galakonzert und damit zur offiziellen Eröffnung des Festes. Sein Jugendblasorchester hat sich starke Partner an die Seite geholt, das Programm soll für jeden Geschmack etwas bieten. Mit von der Partie sind der Tanzclub „Blau-Gelb“, der Husarenverein, die MFC-Dancer, der Rock’n’Roll-Club Caddy sowie die singenden Schwestern Susann und Christin Fritzsche.

Für den Sonnabend legt Rahmlow den Fans der Blasorchester vor allem die zwei Höhepunkte ans Herz. Ab 14 Uhr steigt im Stadion der Freundschaft die große Musikshow. Zunächst ist das Marsch- & Drillkontingent des Spielmannszuges Oberlichtenau an der Reihe. „Das bietet Weltniveau“, verspricht der Stadtmusikdirektor. Per Sternmarsch steuern dann in der großen Musikparade 17 weitere Formationen das Stadion an und werden ab 15 Uhr auf dem Rasen vier traditionelle Märsche zu Gehör bringen – alle gemeinsam. „Das klingt gewaltig“, freut sich Ramlow schon jetzt, der die rund 700 Musiker dirigieren wird.

Anfang des Jahres hatte er die Noten an die Orchester verschickt, der Auftritt des „Weltorchesters“ kann nicht geprobt werden und muss auf Anhieb klappen. Gegen 17 Uhr verlagert sich das Geschehen wieder ins Festzelt. Hier nimmt nach und nach jedes Orchester Platz auf der Bühne und buhlt um die Gunst des Publikums. „Wir haben die größte Jury der Welt, wenn in fünf Kategorien die Pokale zu vergeben sind“, so Rahmlow. Denn die Gäste sollen auf dem Stimmzettel das Kreuz für ihre Lieblinge machen.

Landrat Henry Graichen (CDU) und Oberbürgermeister Matthias Berger (parteilos) ehren dann am Sonntag um 11 Uhr im Festzelt die Publikumslieblinge, nachdem zuvor internationale Jugend gemeinsam musiziert. Kracher dürften am letzten Festivaltag auch der Auftritt des Schauorchesters Weimar um 15 Uhr und der Brasilianische Abend um 18 Uhr sein. „Das wird noch mal ein Feuerwerk“, weiß der JBO-Chef um das Temperament der Südamerikaner. Den musikalischen Schlusspunkt setzt um 20 Uhr die Grimmaer Band Romjaks.

Bändchen im Vorverkauf gibt beim JBO in der Colditzer Straße 30, in der Stadtinformation am Markt und bei Muldental-TV. Kinder bis Tuba-Größe (etwa ein Meter) haben freien Eintritt. Neben dem Festival-Ticket für alle drei Tage (20 Euro) können auch Karten für einzelne Tage oder nur für die Stadion-Show erworben werden.
Frank Prenzel

Das Programm zum Download im Internet: www.musikantentreffen.com.


Drei Tage Musik-Genuss
Kommentar von Frank Prenzel

Es ist angerichtet. Von Freitag bis Sonntag können es sich die Grimmaer und ihre Gäste (akustisch) schmecken lassen, wenn Musik vom Feinsten aufgetischt wird. Das Jugendblasorchester der Muldestadt hat sich zum neunten Mal gestandene Musiker aus aller Welt eingeladen und will das Publikum mit wohlklingenden Köstlichkeiten verwöhnen.

Zwar können die Organisatoren vom JBO auf die Erfahrung acht vorangegangener Musikantentreffen zurück greifen, doch so eine Mega-Veranstaltung erweist sich stets aufs Neue als enorme Herausforderung. Allein die Unterbringung und Versorgung der vielen Hundert Musiker ist jedes Mal ein Kraftakt, der mit links nicht zu stemmen ist. Respekt!

Um Grimma alle vier Jahre so einen musikalischen Hochgenuss zu verschaffen, weiß das JBO zuverlässige Partner und Geldgeber an seiner Seite. Nur so ist eine Veranstaltung dieser Dimension auch zu bewältigen. Ohnehin ist sie nicht nur ein Treffen unter Freunden und für Musikliebhaber, sondern auch ein kleiner Wirtschaftsfaktor für die Region. Hotels und Pensionen in und um Grimma sind für das Wochenende seit langem ausgebucht, der Caterer dürfte sein Geschäft ebenso machen wie weitere Gastronomen der Stadt. Nicht zu vergessen, dass die Musikanten und Besucher den Ruf eines attraktiven und weltoffenen Grimmas in die Welt tragen, einer Stadt, die aus zwei verheerenden Muldefluten wie Phönix aus der Asche stieg und ihre Lebenslust und Schönheit gern zur Schau stellt.

Mit rund 100 000 Euro plant das JBO für das dreitägige Festival, und die Eintrittsgelder sind dabei eine wichtige Kalkulationsgröße. Auch deshalb ist es der schönste Lohn für die Macher, wenn sich möglichst viele Musikliebhaber an den Konzerten laben.

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Leipziger Volkszeitung vom 28.08.2018

Bild: Grimmas Stadtmusikdirektor und JBO-Chef Reiner Rahmlow zeigt die Pokale, die vom Publikum an die beliebtesten Orchester vergeben werden. Foto: Frank Prenzel